Je länger ich mich mit den neuesten Segnungen der Digitalisierung auseinandersetze, desto sicherer bin ich mir, dass wir in der aktuellen Diskussion ums Content Marketing eine wichtige Dimension zu stiefmütterlich behandeln: die Erfahrung!
Technologien, die durch die „Commoditization“ langsam aber sicher Mainstream werden, also AR, VR und viele IoT-Produkte im Endkundenbereich, ermöglichen eine wesentlich umfassendere Interaktion mit Kunden, als dies bisher möglich war. Marken und Produkte können während der Customer Journey schon zu einem recht frühen Zeitpunkt sehr immersiv, also direkt und „sinnlich“, erfahrbar gemacht werden – das Auto kann gefahren, die Maschine bedient, der Raum betreten werden.
Erfahrung als Attribut
In dem Maße, in dem unsere Möglichkeiten als Marketer hier größer werden, wird die „Erfahrung“ zunächst als Content-Attribut wichtiger. Das „Was“ tritt zurück zugunsten des „Wie“ (oder: das „Wie“ gleichberechtigt neben das „Was“), weil das „Wie“ komplexer und durch die sinnliche Erfahrbarkeit auch entscheidender für den Verlauf der Customer Journey wird. Eine unangenehme Erfahrung kann unser Angebot nun schon entwerten bevor überhaupt ein direkter, unvermittelter Kontakt damit stattgefunden hat.
Natürlich ist das „Wie“ auch heute schon wichtig. Wir machen uns Gedanken über Stil, Tonalität und Design. Nur sind es bisher eben recht begrenzte, traditionelle Präsentationsformen, die wir zu entwerfen haben – die zudem noch dem altbekannten Kanon der zweidimensionalen Informationsvermittlung folgen. Mit immersiven Technologien hingegen wird unser kommunikatives Koordinatensystem auch im digitalen, also dem „echten Leben“ vorgelagerten Raum komplexer und erhält mehr Dimensionen – mindestens 4 nämlich, also so viele wie bisher dem Real-Life- Event vorbehalten war.
Erfahrung als Dimension
In diesem Zuge steht das Marketing zudem vor der Aufgabe, immer individualisiertere, persönlichere Erlebnisse zu schaffen. Denn was gibt es persönlicheres als die sinnliche Erfahrung: Was dem einen zu laut ist, ist dem anderen zu leise, was dem einen zu grell, ist dem anderen zu düster etc. etc. Entsprechende interaktive, individuelle Anpassungen müssen möglich, einkalkuliert und Teil des digitalen Systems sein.
All das rechtfertigt es meines Erachtens sogar, Erfahrung nicht nur als Content-Attribut, also etwas, das dem Content nach dessen Definition hinzugefügt wird, zu verstehen, sondern als eigene Dimension: die beabsichtigten Erfahrungen und die Mechanismen und Technologien (und auch Events) zur ihrer Herstellung sind separat zu definieren und dann mit dem Content zusammenzubringen. Ein Experience Design wird damit zu einem eigenen Workstream und zu einer strategischen Aufgabe im Rahmen des Content Marketings.
Wie, was wo, darüber muss ich noch nachdenken. Aber ich wollte es schon mal gesagt haben.