Beraubt der zunehmende Einsatz von Social Networks und Intranets in Unternehmen das interne Kommunikationsmedium Nummer eins seiner Existenzberechtigung? Nein! Vor dem Hintergrund tief greifender technischer und kultureller Veränderungen in vielen Unternehmen nimmt die Bedeutung der Mitarbeiterzeitung als strategisches und identitätsstiftendes Medium eher zu als ab.
Digitale Transformation. Zunehmende Partizipation. Dialogische Interaktion. Im Zusammenhang mit der Diskussion über tief greifende Veränderungen in vielen Unternehmen kommt man an diesen Schlagworten heute nicht vorbei. Kommunikationskanäle werden vielfältiger, Mitarbeiter werden mündiger, und der Überblick über die Informationen und Themen wird schwieriger. Ein Medium muss sich bei all diesen Veränderungen behaupten: die Mitarbeiterzeitschrift. Zwar belegt die aktuelle Studie „Die Zukunft der Mitarbeiterzeitschrift“, dass die Unternehmen diesem internen Kommunikationsformat nach wie vor eine sichere Zukunft vorhersagen, jedoch herrscht gleichzeitig eine hohe Unsicherheit, ob und wie eine Integration von Mitarbeiterzeitschrift und Intranet und Social Network gelingen kann. Welche Strategie ein Unternehmen auch verfolgt: Drei Gründe sprechen für ein sehr langfristiges Überleben der Mitarbeiterzeitschrift in der „Sandwichposition“ zwischen Intranet und Social Network. Zumindest dann, wenn sie sich weiterentwickelt.
Unter dem Umstand, dass sich Mitarbeiter zunehmend emanzipieren und Vernetzung und Partizipation als notwendige Entwicklungsschritte zu mehr Innovation und Umsatz postuliert werden, ist die exponentielle Zunahme von Content nur eine Frage der Zeit. Blogs, Wikis und andere interne Plattformen veranlassen die Mitarbeiter, ihren eigenen Beitrag zu leisten und bestehende Informationen zu diskutieren, zu ergänzen und zu kommentieren.
In dieser steigenden und unübersichtlichen Content-Flut kann die Mitarbeiterzeitschrift den zentralen ordnenden Faktor darstellen und die Informationen sinnvoll kanalisieren. Welche Informationen sind dem Management besonders wichtig? Welches Thema brodelt gerade in der Belegschaft? Als strategisches internes Kommunikationsinstrument kann die Mitarbeiterzeitschrift die Entwicklung sinnvoll begleiten und als einziges Medium alle Mitarbeiter gleichermaßen über den Stand der Dinge informieren und diesen kommentieren. Wichtige Voraussetzungen für eine solche Funktion sind jedoch ein umfassendes Monitoring der Social-Network-Aktivitäten, zum Beispiel durch einen Community Manager, einerseits und ein aufgeschlossenes Management andererseits. Die Kenntnis über den Stand der internen Befindlichkeiten ist wichtig, aber nur die halbe Miete. Erst die Bereitschaft des Managements, auch kritischen Themen gegenüber aufgeschlossen zu sein, ermöglicht der Mitarbeiterzeitung, ihre Wirkung als Content-Ordner voll zu entfalten.
Kann das Intranet diese Kanalisierungsfunktion nicht ebenso übernehmen? Nein. Das Intranet ist als zentraler „Vermittlungs-Hub“ in der Regel unzureichend. Denn der Fokus liegt hier primär auf der Vermittlung von Services und eher kurzen und tagesaktuellen Informationen. Darüber hinaus ist der Umfang des Angebots meist gigantisch, entsprechend unübersichtlich und nicht allen Mitarbeitern gleichermaßen zugänglich. Ein periodisch erscheinendes, im Umfang berechenbares und vor allem bekanntes und bereits akzeptiertes Medium ist deshalb das Mittel der Wahl. Und natürlich kann es als separate Publikation im Intranet angeboten werden!
Im Gegensatz zu den „neuen sozialen“ Instrumenten genießt die Mitarbeiterzeitung im Allgemeinen einen hohen Status im Unternehmen. Sie existiert in der Regel seit vielen Jahren, ist beliebt und wird entsprechend intensiv gelesen. Diese hohe Reputation sollte genutzt werden, um Akzeptanz- und Beliebtheitswerte auch des Intranets und des Social Networks zu erhöhen.
Über die beschriebene Begleiter- und Wegweiserrolle im Veränderungsprozess hinaus bleibt die Mitarbeiterzeitschrift auch langfristig ein vollwertiges Kommunikationsmitglied neben Intranet und Social Network. Ihr Legitimationsanspruch resultiert schon allein aus der Tatsache, dass nur sie – im Gegensatz zum operativ ausgerichteten Intranet und Social Network – ein strategisches Instrument der Unternehmenskommunikation (und damit -führung) ist. Heute wie früher hat sie die Aufgabe, relevante Unternehmensthemen intern zu vermitteln – heute idealerweise aus Top-down- und Bottom-up-Interessen gematcht. Der Auftrag gilt auch in Zukunft, und weder das Intranet noch ein Social Intranet können diesen Auftrag vergleichsweise gut erfüllen.
Allerdings muss sich die Mitarbeiterzeitung verändern, wenn sie den Bedürfnissen der heranwachsenden Generation gerecht werden will. Nicht nur die Bereitstellung einer Onlineversion (nicht eines statischen Blätter-PDFs!) sollte heutzutage Pflicht sein. Die direkte Einbindung von Social-Network-Komponenten wie dem Unternehmens-Wiki und -Blog oder Microblogging-Tools stellt einen konsequenten Schritt der Entwicklung von Onlinemagazinen dar. Strategischer Magazin-Content wird verlinkt mit weiterführenden oder ergänzenden Einträgen, und Mitarbeiter erhalten die Möglichkeit zur Auseinandersetzung mit dem Inhalt – zum Beispiel über Likes und Tags, Kommentare und EMail-Empfehlungen. Der dynamische Charakter anderer Plattformen muss auch in der Mitarbeiterzeitung lebendig werden. Wird diese Entwicklung verschlafen, droht dem internen Kommunikationsmedium Nummer eins Bedeutungslosigkeit aus Mangel an Interaktionsmöglichkeiten.
Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung in den Unternehmen macht die Unterschiede im Informationsbezug und dem Erleben des Unternehmensalltags zwischen Inhabern und Nichtinhabern von PC-Arbeitsplätzen immer größer. Sich dieser Entwicklung bewusst zu sein und im Sinne einer identitätsstiftenden gemeinsamen Kultur Botschaften und Inhalte zu schaffen ist und bleibt eine wichtige Aufgabe der Mitarbeiterzeitung. Sie kann diese große Herausforderung nicht alleine stemmen – andere interne Kommunikationsangebote müssen ebenfalls wertvolle Beiträge leisten. Vor dem Hintergrund ihrer zentralen Bedeutung hat die Mitarbeiterzeitung aber eine besondere, integrierende Verantwortung gegenüber allen Mitarbeitern.
Die Frage nach dem Zugriff auf Informationen stellt in dieser Hinsicht nur einen formalen, aber einen wichtigen Aspekt dar. Kann ich alle Mitarbeiter nur über eine gedruckte Zeitschrift erreichen, und muss ich damit auf interaktive Elemente verzichten?
Mitnichten. Die Argumentation, dass die Ausgabe von gedruckten Mitarbeiterzeitschriften vor allem wegen der Mitarbeiter ohne PC-Arbeitsplatz notwendig sei, ist heute nicht mehr hieb- und stichfest. Die meisten Menschen haben mittlerweile nicht nur zu Hause Internet, sondern sind auch mobil im Netz unterwegs. Was spricht also gegen die Entwicklung, Mitarbeiterzeitschriften vermehrt im Internet zur Verfügung zu stellen und auch die „Floor-Shopper“ aktiv einzubinden? Die Kommunikation sensibler Unternehmensinformationen? Ein eher vorgeschobenes Argument, denn wirklich sensible Informationen können auch im Intranet verwertet werden. Darüber hinaus bietet die Bereitstellung im Internet oder direkt als App auch noch weitere Vorteile, gerade wenn die Ressourcen beschränkt sind: Unternehmen sollten sich überlegen, ob nicht auch eine Verschmelzung von Mitarbeiter- und Kundenmagazin sinnvoll ist. Der Münchner Flughafen und die Commerzbank machen heute schon vor, was in dieser Hinsicht möglich ist.
Daran besteht ebenso wenig Zweifel wie am Überleben der Tageszeitung. Sie wird sich jedoch neuen Herausforderungen stellen müssen, wenn sie ihren hohen Status in den Unternehmen verteidigen und weiterhin die erste Geige im Konzert der internen Kommunikationsmittel (im Sinne der Relevanz für alle Mitarbeiter) spielen will. Im Rahmen der tief greifenden Veränderungen durch die digitale Transformation mit den dazugehörigen Begleiterscheinungen kann die Mitarbeiterzeitschrift einen wichtigen Beitrag leisten: zu steigender Akzeptanz der strukturellen Veränderungen ebenso wie zur Unterstützung der Kommunikation einer einheitlichen Unternehmenskultur.
Angesichts der vielen Möglichkeiten, die mit der Einrichtung von Intranets, Social Networks oder auch Social Intranets aufkommen, müssen der Zweck, die Aufgaben und Ziele der verschiedenen Informations- und Interaktionskanäle jedoch genau definiert und gegenüber den Mitarbeitern kommuniziert werden. In einer von allen beteiligten Abteilungen verabschiedeten Content-Strategie müssen Themen und Formate ebenso festgehalten werden wie mögliche Ausprägungen von Interaktion und Vernetzung, von Monitoring und Community Management. Geschieht dies nicht, drohen Überforderung, Verwirrung und Ablehnung durch die Mitarbeiter. Dann bleibt von dem Wunsch nach einem perfekt zusammenspielenden Orchester nichts als großer Katzenjammer.