Mehr Storytelling – Warum Unternehmen mehr sein müssen als „Made in Germany“

BUGA-Zwerg_Karl_Made_in_Germany

Als die britische Regierung im Jahr 1887 das Label „Made in Germany“ einführte, wollte sie damit vor billigen Plagiaten warnen. Deutsche Produkte galten damals als minderwertige Nachahmerprodukte. Was niemand ahnte: Das Siegel wurde für Deutschland zum Erfolgsgarant. Aber das ist nicht mehr überall so. Unternehmen müssen mehr Storytelling betreiben, anstatt sich auf „Made in Germany“ auszuruhen.

Heute steht „Made in Germany“ für den wirtschaftlichen Erfolg der Bundesrepublik. Die negative Zuschreibung, mit der die britische Regierung ursprünglich vor billigen Produkten aus Deutschland warnen wollte, verkehrte sich ins Gegenteil: „Made in Germany“ steht für Qualität, Effizienz, Funktionalität und Innovation.

Deutsche Produkte sind weltweit begehrt wie nie. Trotz Dieselskandal und nationalistischen Handelspolitikern. Das liegt am „Country-of-Origin“-Effekt. Dieser beschreibt den Einfluss, den das Image des Herkunftslandes auf die Wahrnehmung eines Produkts hat. Im konkreten Fall „Made in Germany“ heißt das: Den Deutschen haftet das Image an, pünktlich, effizient, sauber, zuverlässig und qualitätsbewusst zu sein. Diese Vorstellungen werden automatisch auf deutsche Produkte übertragen.

GTAI-Studie zeigt: Der Ruf ist weltweit hervorragend. Mit Einschränkungen.

Das Etikett „Made in Germany“ hat schon bessere Zeiten gesehen, zeigt eine Studie von Germany Trade & Invest (GTAI). Doch es steht nach wie vor für Qualität. So werben Unternehmen klug mit Deutschland.  GTAI hat weltweit recherchiert, ob Unternehmen mit dem Label für die eigenen Produkte werben sollten. Ergebnis: Während deutsche Wertarbeit in einem Land extrem beliebt ist, kann „Made in Germany“ anderswo kontraproduktiv wirken wie die Titelgeschichte „Wie Deutschland wirkt“in dem von Kammann Rossi für die GTAI realisierten Wirtschaftsmagazin „Markets International“ zeigt. 

„‚Made in Germany‘ genießt im Ausland nach wie vor einen hervorragenden Ruf, daran gibt es keinen Zweifel“, sagt Studienleiter Hans-Peter Hüssen, aber: „Ein Selbstläufer ist das Label dennoch nicht mehr – Unternehmen sollten sich nicht darauf ausruhen. Sie müssen genau hinschauen, wo ein Einsatz sinnvoll ist.“ Nicht schwer fällt die Entscheidung bei deutschen Autos. Sie gelten als prestigeträchtig, vermitteln Wohlstand und Status. Das gilt vor allem in Entwicklungs- und Schwellenländern. In Indonesien hat GTAI-Experte Frank Malerius beobachtet, dass die Luxusgüter des Alltags aus dem Ausland kommen müssen, um die Umgebung zu beeindrucken, „am besten aus dem Westen“. Der Mercedes in der Einfahrt oder das Siemens-Haushaltsgerät machten mehr her als die chinesische No-Name-Kopie, sagt Malerius. 

Vielerorts ist es auch eine politische Frage, ob der Hinweis „Made in Germany“ deutschen Unternehmen nutzt oder schadet. In Polen, berichtet GTAI-Experte Michal Wozniak, sei es inzwischen manchmal kontraproduktiv, das Label einzusetzen. Bei einigen Produktgruppen ziehen Adjektive wie „polnisch“ und „lokal“ mittlerweile besser. Dies liegt auch am nationalistischen Kurs der polnischen Regierung. In Griechenland hat das Ansehen Deutschlands unter der griechischen Finanz-und Wirtschaftskrise gelitten. Die deutsche Regierung ist aus Sicht vieler Griechen mitverantwortlich für die Spar- und Hilfspakete, die schmerzhafte Reformen nach sich gezogen haben.

Der allgemeine Ruf deutscher Erzeugnisse ist ein Faktor, daneben hat die GTAI-Studie zwei weitere ausgemacht, die bestimmen, ob es sich lohnt, die eigenen Produkte als made in Germany zu etikettieren. Es hängt sehr stark von der Branche ab. Deutsche Maschinen beispielsweise gelten unangefochten als die besten der Welt, entsprechend verkaufsfördernd wirkt die Herkunftsangabe. „‚Made in Germany‘ funktioniert sehr gut, das sollte man nicht ändern“, meint Ernesto Brokoff, der die argentinische Niederlassung des Hydraulikspezialisten Hydac leitet. Die GTAI-Studie zeigt: Ähnlich wie beim Maschinenbau sieht es auch in der Kfz-Branche aus, im Gesundheitswesen und bei Energie- und Umwelttechnik. „Ich bringe deutsche Technologie nach Indien“, lautete beispielsweise der Wahlslogan eines Politikers in Indien.

Der dritte Faktor ist der Bekanntheitsgrad und besonders für Mittelständler wichtig. Große und etablierte mittelständische Unternehmen verzichten oft auf das Siegel. „Wir sind ein globales Unternehmen, deshalb geben wir die Herkunft unserer Produkte nicht gesondert an“, sagt der Sprecher der BMW Group in Tschechien, David Haidinger. Der Grund: Die Marke BMW ist aus seiner Sicht stark und bekannt genug. Ähnlich sieht es Philipp Ehrenfried, COO des Verpackungsmaschinenherstellers Schubert in Kanada. „Der Kunde weiß, dass die Maschine aus Deutschland stammt, dass er dafür gute Qualität und neueste Technologie bekommt.“ Kleine und mittlere Unternehmen hingegen nutzen das Versprechen der Marke „Made in Germany“ offensiver. „Der Vertrauensvorschuss ist groß“, sagt etwa Rolf Geissinger, der die brasilianische Niederlassung des deutschen Verpackungsmaschinenherstellers Optima aufgebaut hat.

(Auszug aus: Germany Trade & Invest, Markets International 6/18)

Unternehmen sollten sich nicht auf „Made in Germany“ ausruhen

„Made in Germany“ ist noch immer ein starkes Verkaufsargument. Als Kommunikationsmittel alleine reicht es aber nicht mehr aus, denn die Konkurrenz aus China und den USA hat aufgeholt. Deshalb stehen viele Unternehmen vor der Frage, wie sie ihre deutsche Herkunft richtig vermarkten. Die Bekanntheit des Labels „Made in Germany“ hat für KMU den Vorteil, dass Sie ihre deutsche Herkunft in den Markenkern überführen können. Auf dem Label ausruhen können sie sich aber nicht. Vielmehr müssen Unternehmen Wege finden, ihre Marke über das Label „Made in Germany“ hinaus zu platzieren. Sonst werden sie es zukünftig schwer haben, am Markt zu bestehen.

Um den Markenkern zu finden, kann ein Blick in die Unternehmensgeschichte lohnen. Dort lassen sich Motivation und Antrieb der Unternehmensgründer finden. Durch geschicktes Storytelling wappnen Sie Ihr Unternehmen mit dem Blick in die Vergangenheit für die Zukunft. In der Geschichte eines Unternehmens findet sich oft eine einzigartige Vision für ein Produkt, die es verdient ebenso einzigartig vermarktet zu werden. Dass es ein Produkt „Made in Germany“ ist, macht die Sache dann nur noch besser.

Die vollständige Studie Made in Germany" auf dem Prüfstand: Was ist das Erfolgslabel noch wert? finden Sie in der aktuellen Ausgabe von Markets International oder auf der Homepage von Germany Trade & Invest.