(Anmerkung: Dieser Text setzt Teil 2 dieser Serie fort: „Digitales Storytelling – Die Struktur einer guten Story!")
Storytelling in der Unternehmenskommunikation ist zunächst einmal Text. Text, geschriebener Text, ist die Grundlage mit der wir alle arbeiten und auch noch recht lange arbeiten werden. Weil wir in unserer Profession „Texten“ beherrschen, weil Texten günstig ist, weil Texten gut komplexe Informationen vermitteln und selbst auf sich reduziert schon eine gute Geschichte „erzählen“ kann. Text – als Ersatz für den Erzähler am Lagerfeuer – ist das einfachste Mittel zum Geschichtenerzählen.
Das Problem ist nur: Text allein genügt nicht mehr. Text ist nur noch der kleine Bruder, die piepsige Stimme, die niemand hört, auch wenn der Besitzer aufgeregt auf- und abspringt.
Denn wenn wir in unserem Kontext den Fokus einmal von „Storytelling“ auf „Digitales“ verschieben, bleibt zunächst festzuhalten, dass die digitale Transformation unseres Lebens vor allem ein „Format“ gestärkt hat: das Bild, sei es bewegt oder unbewegt. Mit den zunehmenden Bandbreiten unserer Netzinfrastrukturen wurden die Möglichkeiten zur Bildübertragung immer besser – und das Bild immer wichtiger, weil ein Bild einem Text in puncto Verarbeitungsgschwindigkeit immer überlegen ist. Denn da das Gehirn – wie wir nun wissen – faul ist und nach der energiesparendsten Lösung sucht, sind Kommunikatoren mit Bildern grundsätzlich auf der sicheren Seite.
Dieser Trend zeigt sich in den unterschiedlichsten Statistiken zur digitalen Welt. So hat die Anzahl der Videos im Facebook Newsfeed 2014 um 360% zugenommen. Wir wissen, dass Tweets mit Fotos 35% höhere Retweet Raten erhalten als ohne. 2014 wurden je nach Branche zwischen 8 und 58% mehr Videos im B2B Marketing eingesetzt. Und so ist es kein Wunder, dass nach einer Untersuchung des Social Media Examiners Marketer eine absolute Priorität auf das Erlernen des Umgangs mit visuellen Assets legen wollen.
Wenn wir also von Digitalem Storytelling reden, müssen wir zuallererst von visuellen Inhalten reden. Rich Media im Storytelling ist vor allem Text + Bild oder Text + Video. Wenn Sie Ihre Heldengeschichte fertig haben, müssen Sie als Storyteller zuerst einmal untersuchen, an welchen Stellen Bilder und Videos sinnvoll sein könnten. Hier einige Beispiele:
Mittlerweile stehen Ihnen dabei die unterschiedlichsten, teils neuen, teils schon nahezu kanonischen Formate zur visuellen Unterstützung zur Verfügung.
In vielen Umfeldern – z.B. der Internen Kommunikation – ist der Einsatz der oben genannten Apps nicht möglich. Ein Blick darauf lohnt sich allerdings immer, weil die Formate natürlich auch mit normalen Bordmitteln imitiert werden können.
Nach dem Bild der Ton. Wobei dieser allein – ohne Bild – meist ein rechtes Schattendasein führt. Ein gutes Beispiel ist der Podcast. In Deutschland hören laut ARD/ZDF Onlinestudie nur ca 7% der Online Population Podcasts (Tendenz allerdings steigend), zudem ist der typische Podcast zu lang für die Einbindung in eine Online-Story. Durchaus möglich und sinnvoll sind allerdings Kurzformate von wenigen Sekunden, die die Stimme eines Protagonisten hörbar machen und die typischen Kurzzitate angenehm anreichern können. Des weiteren können Soundeffekte Slideshows von Bildern begleiten (das Martinshorn zum Polizeiwagen). Ein nicht ganz unwichtiges „tonales“ Medium ist natürlich Musik, allerdings ist deren Einsatz wahlweise teuer oder schlecht. Lizenzfreie Musik ist im allgemeinen zum Abgewöhnen, aktuelle Hits sind unbezahlbar wenn Sie kein großes Marketingbudget haben, und der eigene Gesang ist – seien Sie ehrlich – peinlich.
Stories können natürlich auch angereichert werden durch spielerische Elemente. Das können interaktive Grafiken sein, bei denen „auf Klick“ etwas passiert (ein Bild eingeblendet wird, eine Videosequenz, die Grafik sich verändert). Aber auch ganze Spiele. Insbesondere der Trend zu sogenannten „Casual Games“ (Farmville anyone ;) ), von denen viele auch im Browser gespielt werden können, fördert die Akzeptanz solcher Anwendungen. Es gibt Puzzle, Schatzsuchen, Action Spiele, Kartenspiele etc. Ein gutes Spiel kann die Botschaft einer Story unterstützen, vielleicht sogar ein Milestone in einer solchen Geschichte sein. Aber Vorsicht: das Spiel hat durchaus die Tendenz, den Rezipienten zu stark von der Geschichte zu entfernen. Und übermäßig günstig sind sie in der Herstellung natürlich auch nicht.
Bleibt zum Schluss noch – zu meinem Schluss, denn diese Aufzählung ist kaum vollständig und ich freue mich über jeden erweiternden Kommentar – der Rezipient selber als Anreicherung, Erweiterung oder sogar Kernbestandteil der Geschichte. Die beste Story ist jene, mit der man sich selber identifizieren kann – und die einen dazu bringt, eine vergleichbare Story aus dem eigenen Leben zu erzählen. Mit diesem Mechanismus können Sie bewusst spielen. Fordern Sie Ihre Leser auf, in der Kommentarfunktion von eigenen Erlebnissen zu berichten. Sammeln Sie vorher Geschichten in der Geschichte, wiederum als Interviews oder kurze Text+Bild-Kobinationen, die das Thema aufnehmen. Kuratieren Sie User Stories aus sozialen Netzwerken oder Ihrem (Social) Intranet und binden Sie diese Stories ein. Wenn Sie wollen, dass Ihre Story „viral geht“ sollten Sie (neben guter Promotion) für so viel Identifikation wie möglich sorgen. Letztendlich erzählt jeder am liebsten von sich selber
Wenn Sie mich jetzt fragen, was für mich der Archetyp einer guten Digitalen Story ist, wie ich Sie mir in der Unternehmenskommunikation vorstelle, dann ist das das New York Times Multimedia Feature. Keine andere Redaktion hat so viele gute Rich Media Stories entwickelt und dabei die Kombination aus einer textbasierten Geschichte mit sinnvollen, dramaturgisch passenden und zudem exzellent produzierten digitalen und interaktiven Erweiterungen perfektioniert.
Sie können sich die besten Geschichte hier ansehen. Aber natürlich gibt es noch wesentlich mehr mögliche Geschichtenformate. Diese werden wir uns kurz im nächsten Teil der Serie ansehen.