Warum viel TAMTAM?
Wissenschaftliche Technologie-Akzeptanz-Modelle als Basis der Change Kommunikation im Rahmen technologieinduzierter Veränderungsprozesse.
Im Zuge der digitalen Transformation nimmt die Bedeutung von unternehmensinternen Technologieprojekten ständig zu. Die Akzeptanz neuer Technologie (Adoption) rückt daher immer mehr in den Fokus. Keines der gesteckten kulturellen, organisatorischen oder betriebswirtschaftlichen Ziele einer Technologieeinführung kann erreicht werden, wenn nur ein kleiner Teil der Mitarbeiter die Technologie auch tatsächlich nutzt. Eine intensive Auseinandersetzung mit Faktoren, die bei Adoption eine Rolle spielen und Change Maßnahmen, die auf den Ergebnissen dieser Auseinandersetzung aufbauen, sind also unbedingt verbunden mit dem Erfolg von Technologieprojekten innerhalb eines Unternehmens.
Seit der flächendeckenden Einführung von Software und elektronischen Systemen im Unternehmenskontext setzen sich Forscher verschiedenster Disziplinen mit der Entwicklung von Modellen auseinander, die Technologie- bzw. Innovationsakzeptanz erklärbar und prognostizierbar machen. Die Frage nach den einzelnen Faktoren, die sich auf die Technologieadoption auswirken, wurde über die Jahre in einer Vielzahl von unterschiedlichen Modellen und Ansätzen beantwortet.
Viel TAMTAM in der Theorie
Der Urahn all dieser Modelle ist das Technology Acceptance Model (TAM), das 1989 von Fred Davis veröffentlicht wurde.
(Davis)
Das Modell beschreibt sehr grob den Prozess, den ein potentieller User durchläuft, bis zur eigentlichen Nutzung des Systems. Hauptfaktoren sind für Davis die „gefühlte Nützlichkeit“ und die „gefühlte Einfachheit der Bedienung“. Diese Faktoren wirken sich auf die persönliche Einstellung (Attitude) gegenüber der Technologie aus, welche wiederum den Hauptfaktor für die Bildung einer bewussten Entscheidung für oder gegen die Nutzung darstellt. So weit so simpel. Dieses Modell wurde nach und nach erweitert. So beschreibt das TAM2 die Faktoren, die sich auf die „gefühlte Nützlichkeit“ einer Technologie auswirken und fügt noch 2 globale Faktoren, wie Erfahrung und Freiwilligkeit hinzu.
(Venkatesh & Davis)
Das TAM3 beschreibt sehr detailliert die Einflussfaktoren auf den Punkt „gefühlte Einfachheit der Bedienung“.
(Venkatesh & Bala)
Daneben existieren diverse Akzeptanzmodelle, die jeweils einzelne Faktoren in den Fokus stellten oder spezielle Erfahrungen in der Akzeptanzforschung zu erklären versuchten. Einige Beispiele hierfür sind:
- Theory of Reasoned Action (TRA)
- Motivational Model (MM)
- Theory of Planned Behavior (TPB)
- Combined TAM and TPB (C-TAM-TPB)
- Model of PC Utilization (MPCU)
- Innovation Diffusion Theory (IDT)
- Social Cognitive Theory (SCT)
Ein Großteil der Modelle der Akzeptanzforschung sind eher wissenschaftliche Feldforschung und, für Praktiker, eher Spielereien, da es lange kein einsetzbares bzw. praktikables Gesamtmodell gab. Das änderte sich mit der „Unified Theory of Acceptance and Use of Technology“ (UTAUT). Venkatesh, Morris und Davis kombiniert die zwei ersten TAM Modelle mit den oben genannten Nischenmodellen. Das UTAUT- Modell ist seit Erscheinen schon häufig erfolgreich im praktischen Einsatz bei der Konzeptionierung bzw. Evaluation technologischer Projekte im Unternehmenskontext.
(Venkatesh, Morris und Davis)
Viel TAMTAM in der Praxis
Man kann sicherlich darüber streiten, ob man sich mit dem Thema in praktischen Projekten in dieser Tiefe und dem damit verbundenen Aufwand auseinandersetzen muss. Maßnahmen der Change Kommunikation und des Change Managements im Rahmen von Technologieinitiativen haben in den meisten Fällen auch nicht ausschließlich das Ziel Adoption zu fördern. Aber das Wissen darüber, welche belegbaren Faktoren hierbei eine Rolle spielen, stellt trotzdem einen nicht zu unterschätzenden Wert dar. Denn alle Maßnahmen und Projektschritte enthalten unter Umständen Einflussmöglichkeit auf die Adoptionfaktoren. Je früher innerhalb des Projektprozesses verstanden wird, wie diese Einflussmöglichkeiten gennutzt kann, desto höher wird die natürliche Adoptionrate ausfallen und aufwendige Adoptionmaßnahmen im Nachhinein unnötig machen.
Ein zweiter TAMTAM Post erläutert die Zusammenhänge der wissenschaftlichen Modelle und praktischer Change Kommunikation an Beispielen konkreter.